28. November 2023

Schafe in Leuben

(mehr dazu hier)

 

Kontakt

Anschrift des Vereins:

NABU,
Naturbewahrung Dresden e.V.

Andreas-Schubert-Str. 35 c

01069 Dresden

 

E-Mail:

info@naturbewahrung-dresden.de

 

Vorstand:

Nicole Mager
Dr. Hanno Voigt

Gebhard Gülzow
  



  

Wir pflanzen Feldahorn und denken an den Kult um Bäume:                                                               "Tag des Baumes" und "Baum des Jahres"

Nach Vorläufern in unterschiedlichen Ländern und einem entsprechenden UNO-Beschluss von 1951 gibt es in Deutschland seit 1952 den  Tag des Baumes und zwar am 25. April des jeweiligen Jahres. Außerdem wird in vielen Ländern regelmäßig ein Baum des Jahres gewürdigt, wobei in manchen Ländern unter „Baum“  ein einzelnes Individuum gemeint ist und in anderen – wie in Deutschland - eine Baumart. Für das Jahr 2015 hat das dafür zuständige Kuratorium für Deutschland den Feldahorn ausgewählt. Dies haben wir zum Anlass genommen, am 25.4.2015 fünf nicht ganz kleine Feldahornbäume zu pflanzen (siehe die beiden folgenden Bilder).


Mitglieder der BUND-Regionalgruppe Dresden, Mitglieder von NABU, Naturbewahrung Dresden e.V. und Helfer, die keiner dieser Gruppen angehören, pflanzten am 25. April neben  der „Kellerwiese“ in Dresden-Plauen fünf stattliche Feldahornbäume.

 

Die Akteure scharen sich nach Abschluss der Pflanzarbeiten  um einen der Ahornbäume. Initiiert und größtenteils organisiert wurde die Aktion von  Ramona Hodam, Leiterin des AK Stadtnatur bei der BUND Regionalgruppe Dresden. Da sie auch in diesem Augenblick die aktivste von allen ist (das Foto schießt), kann man  sie auf dem Bild nicht sehen.


Was hat das mit Naturschutz zu tun?

 

Bäumepflanzen ist populär und hat oftmals große symbolische Kraft, die gern von Politikern und anderen nach Aufmerksamkeit Strebenden in Anspruch genommen  wird. Nicht alle solche Aktionen dienen wirklich dem Naturschutz, was hier nicht weiter analysiert werden soll. Wenn es sich um Arten wie die Elsbeere (Baum des Jahres 2011) oder die Schwarzpappel (Baum des Jahres 2006) handelt, die in Sachsen als vom Aussterben bedroht eingestuft sind, sind entsprechende Pflanzaktionen ganz sicher auch aus Naturschutzgründen (Artenschutz!) zu begrüßen.

Der Feldahorn (Acer campestre) ist in Sachsen und insbesondere in Dresden nicht wirklich selten. Allerdings sind die früher hier großflächig vorhanden gewesenen natürlichen Lebensgemeinschaften des Feldahorns (z.B. Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwälder) weitgehend vom Menschen vernichtet worden. Deshalb ist es im Sinne des Naturschutzes, solche Lebensgemeinschaften durch Baumpflanzungen wieder zu initiieren. Das ist im Falle des Beispiels von oben geschehen – wenn auch in sehr kleinem Umfang: der Feldahorn und seine natürliche Lebensgemeinschaft würde an der Pflanzstelle auch natürlicherweise vorkommen!

Übrigens ist der Feldahorn der kleinste und unscheinbarste der bei uns beheimateten drei Ahornarten. Seine Geschwister  Bergahorn (Acer pseudoplatanus) und Spitzahorn (Acer platanoides) gelten als Edelholzbaumarten, wobei letzterer in Städten und insbesondere an Straßen häufig angepflanzt wird, und als typische Pionierbaumart, die „ungepflegten“ Flächen schnell dicht besiedelt, vielen Leuten als lästiger Zeitgenosse gilt!

 

Unsere Hassliebe zu Bäumen

 

Die Verehrung von Bäumen, wie sie durch den „Tag des Baumes“ oder den „Baum des Jahres“  zum Ausdruck kommt, scheint mit tiefen emotionalen Beziehungen des Menschen zu Bäumen zu tun zu haben, die sich historisch  sehr weit zurückverfolgen lassen. Man denke etwa an das für unsere Kulturgeschichte wichtigste Buch – die Bibel, wo gleich im ersten Buch Mose der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis im Garten Eden wesentliche Elemente sind. Man denke auch an die heilige dem Gott Donar gewidmete Eiche der Germanen, die der Angelsachse Winfried (der heilige Bonifatius) im Rahmen seiner christlichen Mission fällte, oder an die in Deutschland weit verbreiteten Dorflinden und die zahlreichen Gedächtniseichen (z.B. Luthereichen) u.s.w.

Man könnte also meinen, dass es die Bäume in unserem Unterbewusstsein gut  haben und wir uns deshalb nicht allzu viele Sorgen um sie zu machen brauchen. Wenn man genauer in unsere Kulturgeschichte zurück sieht und unser heutiges  Verhältnis zu den Bäumen genauer beobachtet (wie es der Autor dieser Zeilen tut), wird man eines Besseren belehrt: Dieses Verhältnis  ist durchaus ambivalent und widersprüchlich - man  kann es als Hassliebe bezeichnen. Wir sollten nämlich nicht vergessen, dass die vor der Besiedlung durch den Menschen hier vorhandenen dichten natürlichen Wälder für den Menschen höchst lebensfeindlich waren. Und eine wichtige Kulturtat, die – beispielsweise - den Bau der Stadt Dresden erst möglich machte, war die Vernichtung des Auwaldes, der das Stadtzentrum bedeckte. Ähnlich erging es den Linden-Hainbuchen-Traubeneichenwäldern der lößbedeckten Hanglagen in der Umgebung Dresdens, die der Landwirtschaft zum Opfer fielen. Diese Rolle des Waldes als Feind des Menschen scheint in unserem Unterbewusstsein als Archetyp fortzubestehen, obwohl spätestens seit der Romantik für die Waldidylle geschwärmt wird - mag diese auch nicht gerade einen naturnahen Wald zum Inhalt haben. Jedenfalls erleben wir alltäglich zähen Widerstand zahlreicher Menschen und der sie vertretenden Politiker und Behörden, wenn es darum geht, fast vollständig verschwundene Waldgesellschaften  oder wenigstens ein paar Bäume dieser Gesellschaften  wieder anzusiedeln. Von der langen Liste  der Gegenargumente seien hier nur einige als Stichpunkte genannt:

Verkehrssicherheit, Hochwasserschutz, Landschaftsbild, Sichtbehinderung, Laubfall als Belästigung, Naturschutz (als Schutz baumfreier Lebensgemeinschaften) u.s.w.

Solche Argumente mögen im Einzelfall berechtigt sein –  sie werden jedoch flächendeckend als Totschlagargumente verwendet und müssen insofern als unsachlich angesehen werden.

Qualifizierte Naturschützer wissen, dass auch sie selbst auf die entwaldete Kulturlandschaft angewiesen sind und wollen das Rad unserer Kulturgeschichte nicht zurückdrehen. Allerdings haben wir (endlich) erkannt, dass mit den naturnahen Wäldern, die also unser primäres Naturerbe verkörpern, ein wesentlicher Teil unserer Lebensvielfalt vernichtet worden ist, und es geboten ist, sie auf einem kleinen Anteil unserer Landesfläche wieder zu dulden und zu fördern, was unsere Kultur durchaus leicht verkraften könnte. Dies durchzusetzen gehört heute zu den zentralen Aufgaben der Naturschützer. (K)